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Ein Ratespiel

Nasenpflaster

Ein dickes Pflaster schmückte seit heute morgen meine Nase. Was ist passiert?

Version 1 – Der Kunde

Meine grafischen Entwürfe sind in letzter Zeit etwas, sagen wir, exzentrisch. Ich muss meine Grenzen ausloten, neue Wege gehen und mich weiterentwickeln. Um dies nicht nur in der Theorie zu erproben, müssen meine Kunden, ob sie wollen oder nicht, meine Gestaltungsexperimente ertragen.

Leider sind nicht alle Kunden meinen grafischen Expeditionen gegenüber sehr aufgeschlossen. Der Kragen eines meiner Kunden war gestern Nachmittag auf jeden Fall zu eng geschnürt und platze nach der Ansicht meiner Entwürfe. Seine Hand landete in Folge gezielt, schnörkellos und geballt auf meiner Nase.

Version 2 – Am Heimweg

Ich bin ein Meister der Konzentration und wenn ich in einem Thema gefangen bin, kann neben mir das Oktoberfest, ein Atombombentest oder die neueste Show von Victorias Secrets ablaufen und nicht ein Wimperchen würde dadurch auch nur leicht ins zucken geraten.

In zwei Wochen präsentiere ich einen Vorentwurf für ein großes Buchprojekt und die letzten Tage war ich intensiv mit Gestaltungsraster, Typografie und Seitenanordnung beschäftigt. Auf meinem gestrigen Weg nach Hause war ich noch so im Thema gefangen, dass ich immer tiefer und tiefer in meiner Gedankenwelt versank.

Während diesem Gedankentauchgang kamen plötzlich zudem Überlegungen zum Abendessen, dass gestern unter meiner Regie entstand, leichte Zahnschmerzen rechts oben und die Überlegungen zum letzten Brief des Bauträgers, als mich eine Straßenampel übersehen hat und in mich, genauer in meine Nasenspitze krachte. Autsch.

Version 3 – Das kleine Fräulein

Unser kleines Fräulein hat sich verändert. Aus dem verschmusten und netten Kleinkind wurde in den letzten Wochen ein kleines Plappermäulchen. Die Sprache ist etwas Wunderbares: Die Kommunikation wird auf eine gänzlich neue Ebene gestellt. Dies hat das kleine Fräulein zum Anlass genommen ihre neuen Fähigkeiten zum Austausch mit Gleichaltrigen in der Kindertagesstätte zu nutzen.

Die Kindergartentante war schon letzte Woche sehr erstaunt über die Interessensgruppe „Philosophie für Kleinkinder“, bei der unsere junge Dame Gründungsmitglied ist. So geschah es nicht unvermittelt, als mich die junge Dame gestern zur Rede stellte und wesentlich mehr Mitbestimmungsrecht im Haushalt und zudem die Einführung eines angemessenen Taschengeldes forderte.

Diese Situation überraschte mich, habe ich doch erst in frühestens einigen Jahren mit solchen Forderungen gerechnet. Durch den intensiven Grübelprozess habe ich mir schließlich die Nase aufgekratzt, da ich nicht länger zur Denkunterstützung am Hinterkopf kratzen wollte. Voila.

So, jetzt dürft ihr entscheiden welche Version am ehesten der Wahrheit entspricht. Oder war es sowieso und überhaupt ganz anders?